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Die UN-Sonderberichterstatterin zu den negativen Auswirkungen der einseitigen Zwangsmaßnahmen auf die Wahrnehmung der Menschenrechte, Alena Douhan, beendet ihren Besuch in der Bolivarischen Republik Venezuela. Wir dokumentieren ihren vorläufigen Bericht.


Von Alena Douhan | Übersetzung: Gefis e.V.

Caracas, 12. Februar 2021

Die Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen über die negativen Auswirkungen von einseitigen Zwangsmaßnahmen auf die Wahrnehmung der Menschenrechte, Frau Alena Douhan, besuchte die Bolivarische Republik Venezuela vom 1. bis 12. Februar 2021.

Die Berichterstatterin dankt der Regierung der Bolivarischen Republik Venezuela für die Erlaubnis und Unterstützung ihres Besuchs in dem Land.

Der Zweck des Besuchs war es, die Auswirkungen von einseitigen Sanktionen auf die Wahrnehmung der Menschenrechte der in Venezuela lebenden Menschen und aller anderen Betroffenen zu analysieren.

Diese Bemerkungen sind vorläufiger Natur und das Ergebnis umfangreicher Konsultationen mit einer Vielzahl von Gesprächspartnern. Der vollständige Bericht wird bei der UN-Menschenrechtskommission im September 2021 eingereicht.

Die Sonderberichterstatterin traf sich mit dem Präsidenten und dem Vizepräsidenten der Republik; mit den für die Exekutive, Legislative, Judikative, die Bürgerschaft und die Wahlen zuständigen Vizepräsidenten.; den Ministern für Auswärtige Angelegenheiten, Gesundheit für Bildung, Planung, Wirtschaft, Finanzen, Erdöl, Bergbau, Ernährung, Frauen und Gleichberechtigung, für Angelegenheiten der Blockade, für Wohnungsbau, für Soziale Arbeit, Wissenschaft, Technologie, Verkehr, Kultur und indigene Völker; dem Koordinator der Lokalen Komitees für Produktion und Versorgung (Clap); dem Generalsekretär des Komitees für Menschenrechte; dem Präsidenten von PDVSA; dem Präsidenten der Zentralbank, dem Direktor für Telekommunikation, dem Präsidenten des Obersten Gerichtshofs, dem Generalstaatsanwalt, dem Präsidenten und Mitgliedern der Nationalversammlung; dem Ombudsmann; dem Exekutivsekretär der Allianz Alba; Vertretern des gesamten politischen Spektrums politischer Parteien, der Opposition und Gewerkschaften; nationalen und internationalen humanitären Organisationen; dem Privatsektor, der katholischen Kirche sowie Nichtregierungsorganisationen, venezolanischen nicht-staatlichen Akteuren, die in den Bereichen Gesundheit, Menschenrechte, Schutz von Kindern, Frauen und älteren Menschen arbeiten; medizinischem Personal und älteren Menschen; Universitätsprofessoren; Schullehrern; unabhängigen Forschern und vor allem den Opfern von Menschenrechtsverletzungen.

Die Sonderberichterstatterin traf sich auch mit Vertretern des Länderteams der Vereinten Nationen und des diplomatischen Corps. Sie besuchte das Kardiologische Kinderkrankenhaus in Caracas; die pharmazeutische Fabrik Quimbotiec; den Komplex Canaimita; die Grundschule Hugo Chávez und die Vorschule Ciudad Mariche in der Umgebung von Caracas. Im Bundesstaat Carabobo ermöglichte der Gouverneur ein Treffen mit den Direktoren von öffentlichen Unternehmen (Strom, Gas und Telekommunikation), einen Besuch der dem staatlichen Krankenhaus angeschlossenen Entbindungsstation, eines nach kubanischem Modell inspirierten primären Gesundheitszentrums der Provinz, und mehreren Nichtregierungsorganisationen.

Die Sonderberichterstatterin bedankt sich bei all diesen Gesprächspartnern, die großzügig ihre Zeit, ihre Informationen, ihre Analysen, Erfahrungen und Gedanken angeboten haben, um ihr zu helfen, in kurzer Zeit zu verstehen, was für eine sehr komplexe und alarmierende Situation sich darstellt.

Der Sonderberichterstatter lobt den herzlichen Empfang und die konstruktive und kooperative Art und Weise, in der die Regierung Ihren Besuch ermöglichte, und der es erlaubte, einen freimütigen und offenen Dialog zu führen. Sie drückt ihren besonderen Dank an das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten für seine effektive Zusammenarbeit mit ihrem Büro aus. Sie dankt auch dem Büro des residierenden Koordinators der Vereinten Nationen für seine Unterstützung und Beratung während des Besuchs.
Kontext des Länderbesuchs

Die USA haben Sanktionen gegen Venezuela seit 2005 verhängt, als sie gezielte Sanktionen gegen Personen und Einrichtungen erließen, die angeblich in den Drogenhandel verwickelt waren. Sie verhängten 2006 ein Waffenembargo mit der Begründung, dass die Regierung bei der Terrorismusbekämpfung nicht ausreichend kooperierte.

Ein US-Gesetz von 2014 führte zu Sanktionen gegen venezolanische Beamte, denen u.a. vorgeworfen wurde, Proteste gewaltsam unterdrückt, politische Gegner verfolgt, die Pressefreiheiten beschnitten zu haben und korrupt zu sein. Im Jahr 2015 erklärten die Vereinigten Staaten die Situation in Venezuela zu einem nationalen Notstand, der die Sicherheit und Außenpolitik der Vereinigten Staaten von Amerika bedrohte.

Im Jahr 2017 bewerteten die USA die venezolanischen Parlamentswahlen als illegitim und verhängten Sanktionen gegen die Regierung und ihre Einrichtungen, einschließlich PDVSA, und sperrten ihre Transaktionen und ihren Zugang zu den US-Finanzmärkten. Im Jahr 2018, nach den venezolanischen Präsidentschaftswahlen, verschärften die USA ihre Sanktionen gegen die Regierung, unter Berufung auf wirtschaftliches Missmanagement, Korruption, Unterdrückung von politischen Gegnern und die Bestrebungen, die Demokratie zu untergraben.

Im Januar 2019, nach der Anerkennung des gesetzgebenden Vorsitzenden Juan Guaidó als Venezuelas Interimspräsident, verhängten die USA weitere Sanktionen gegen PDVSA, die venezolanische Zentralbank und wichtige Regierungsbeamten und ein totales Wirtschaftsembargo im August 2019. Die USA gaben Guaidó auch die Kontrolle über die Vermögenswerte und das Eigentum der venezolanischen Regierung auf Konten in den USA, einschließlich der Gelder, die PDVSA von seinen US-Firmen, Citgo, erhielt. Andere US-Sanktionen im Jahr 2018 und 2019 zielten auf den Gold- und andere Bergbausektoren, den Lebensmittelbereich, auf Kryptowährungen und Bankgeschäfte. Im September 2020 wurden US-Sanktionen gegen fünf Abgeordnete verhängt, die Parteien anführten, die mit der Regierung kooperierten. Seit 2020 versuchen die USA, Venezuela daran zu hindern, Treibstoff aus dem Iran zu beziehen, indem sie Tankerkapitäne auflisten, die Nutzung venezolanischer Luft- und Seehäfen verbieten und die Vermögenswerte von Rosnef blockieren. US-Beamte haben Berichten zufolge inoffizielle Drohungen zur Verhinderung von Transaktionen durch Unternehmen von Drittstaaten mit Venezuela ausgesprochen.

Die Sonderberichterstatterin nimmt die Entscheidung der US-Regierung am 21. Januar 2021 zur Kenntnis, die Sanktionen der USA zu überprüfen, um die humanitären Auswirkungen der Pandemie zu mindern und die Maßnahme der US-Regierung vom 2. Februar 2021 zur Lockerung der Sanktionen, die sich auf die Funktion vom normalen Betrieb venezolanischer Häfen und Flughäfen bezieht.

Die Europäische Union verhängte 2017 Sanktionen gegen Venezuela, darunter ein Waffenembargo, ein Verbot der Ausfuhr von anderen Gütern, die zur internen Repression verwendet werden könnten, ein Verbot der Ausfuhr von Technologie und Ausrüstung für die Überwachung oder das Abfangen von Telekommunikation; weiterhin ein Einreiseverbot und das Einfrieren von Vermögenswerten von Personen, deren Handlungen von der EU als Angriff auf die Demokratie, die Rechtsstaatlichkeit und die Achtung der Menschenrechte betrachtet wurden, Maßnahmen, die von Venezuela vor dem Gerichtshof der Europäischen Union angefochten wurden. Es wurde auch darüber berichtet, dass 1,2 Milliarden US-Dollar venezolanische Regierungsgelder von einer portugiesischen Bank im Jahr 2019 eingefroren wurden. Beinahe 2 Milliarden US-Dollar in Gold, das sich im Besitz der venezolanischen Zentralbank befindet und bei der Bank of England hinterlegt ist, sind ebenfalls eingefroren, während ein Verfahren vor britischen Gerichten läuft.

In den Jahren 2017 und 2018 fror Kanada Vermögenswerte ein und verbot Transaktionen venezolanischer Beamte, die der Repression, schwerer Menschenrechtsverletzungen, Korruption, Zensur, außergerichtlicher Tötungen und anderer Handlungen beschuldigt wurden. Im Jahr 2018 fror Mexiko Vermögenswerte ein und verhängte Reiseverbote für 13 hochrangige venezolanische Beamte. In 2018 und 2019 verhängte die Schweiz ein Waffenembargo gegen Venezuela, fror Vermögenswerte ein und verhängte Reiseverbote gegen venezolanische Beamte. 2019 verbot Kolumbien die Einreise von etwa 200 Venezolanern, die mit der Regierung verbunden sind. Panama verhängte 2018 gezielte Sanktionen gegen venezolanische Personen und Einrichtungen, bei denen die hochgradige Gefahr eingeschätzt wurde, in Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen verwickelt zu sein.

Im Jahr 2019 vereinbarten 13 der 14 Länder der Lima-Gruppe, die Einreise von venezolanischem Beamten zu verbieten und ihnen den Zugang zu ihren Finanzsystemen zu verweigern. Auch im Jahr 2019 verabschiedeten die meisten der Vertragsparteien des Rio-Vertrags eine Resolution, die die Verhängung von gezielten Sanktionen, einschließlich des Einfrierens von Vermögenswerten von venezolanischen Beamten, die angeblich in Drogenhandel, terroristische Aktivitäten, organisiertes Verbrechen organisierte Kriminalität und/oder Menschenrechtsverletzungen verwickelt waren, ermöglicht.

Am 13. Februar 2020 reichte Venezuela eine Klage beim Internationalen Strafgerichtshof gemäß Artikel 14 des Römischen Statuts in Bezug auf einseitige Zwangsmaßnahmen des Internationalen Strafgerichtshofs ein.
Wirtschaftliche und humanitäre Lage in Venezuela

Venezuela hat eine der größten Ölreserven auf dem Planeten. Öl ist das wichtigste Exportgut des Landes und die Haupteinnahmequelle für Devisen gewesen. Seit 2000 hat die Regierung ein breites Spektrum an sozialen Projekten in den Bereichen Wohnen, Bildung, Alphabetisierung, Ernährung, Strom-, Wasser- und Gesundheitsversorgung, Familienplanung, digitale Schulung und kommunale Entwicklung implementiert, von denen viele kostenlos für die Bevölkerung sind oder wesentlich vom Staat subventioniert werden. Die mono-orientierte Wirtschaft hat stark vom Ölverkauf abgehangen; die meisten Produkte, von Maschinen und Ersatzteilen bis hin zu Lebensmitteln und Medikamente, wurden hauptsächlich aus den USA und Europa importiert. Die inländische Produktion ist auf einem eher niedrigen Niveau geblieben und war nicht in der Lage, den Eigenverbrauchsbedarf zu decken. Der Niedergang der Wirtschaft begann im Jahr 2014 mit dem Rückgang der Ölpreise. Neben anderen Faktoren, die Venezuelas Wirtschaft betreffen, wurden Misswirtschaft, Korruption und staatliche Preiskontrollen angeführt.

Unilaterale Sanktionen, die zunehmend von den USA, der EU und anderen Länder verhängt wurden, haben die oben erwähnten Probleme verschärft. Es wurde berichtet, dass die Staatseinnahmen um 99 Prozent reduziert wurden und dass das Land nun von einem Prozent des Einkommens vor den Sanktionen lebt. Überweisungen aus dem Ausland sind aufgrund des Einfrierens von Staatsvermögen und der Komplexität und Hindernisse bei Banküberweisungen zurückgegangen. Vier Jahre Hyperinflation haben zur totalen Abwertung der geführt (1 USD = 1,8 bis 1,9 Millionen Bolivar). Dies hat zu einem Rückgang der Gehälter im öffentlichen Sektor von 150 bis 500 USD im Jahr 2015 auf 1 bis 10 USD im Jahr 2020 geführt und zu einem zunehmenden Maß an Armut. 2018 bis 2019 führte die Regierung eine neue Wirtschaftspolitik ein: Die Preiskontrollen wurden aufgehoben und der Privatsektor durfte wieder in die Wirtschaft zurückkehren.

Allerdings untergräbt die Verschärfung der Sanktionen, mit denen das Land seit 2015 konfrontiert ist, die potenziellen positiven Auswirkungen der aktuellen Reformen bei der Erhaltung der Infrastruktur und der Umsetzung der sozialen Projekte. Derzeit ist Venezuela mit einem Mangel an notwendigen Maschinen, Ersatzteilen, Strom, Wasser, Kraftstoff, Gas, Lebensmitteln und Medikamenten konfrontiert. Die in Banken der USA, dem Vereinigten Königreich und Portugal eingefrorenen venezolanischen Vermögenswerte belaufen sich auf sechs Milliarden US-Dollar. Es wird berichtet, dass der Kauf von Waren und Zahlungen von öffentlichen Unternehmen blockiert oder eingefroren sind. Der private Sektor, Nichtregierungsorganisationen, Universitäten, Sportvereine und venezolanische Bürger prangern die Weigerung oder das Zögern ausländischer Banken, ihre Konten zu eröffnen oder zu führen an, einschließlich der Korrespondenzbanken in den USA und Europa; die Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Visa und dem Kauf von Banknoten; die Notwendigkeit, durch Vermittler in Drittländern zu handeln; und die Notwendigkeit, zusätzliche Versicherungskosten zu zahlen. Die Verschärfung der Wirtschaftssanktionen und die zunehmende Übererfüllung führten zur Verabschiedung des Verfassungsgesetzes gegen die Blockade im Oktober 2020.

Es wurde berichtet, dass Stromleitungen heute mit weniger als 20 Prozent ihrer Kapazität arbeiten können. Es wird geschätzt, dass die Anzahl der Venezolaner, die seit 2015 das Land auf der Suche nach einem besseren Leben verlassen haben, zwischen einer und fünf Millionen beträgt, und dass die Bevölkerung bis 2021 auf etwa 27 Millionen schrumpfen wird. Die meisten öffentlichen Dienstleistungen sind auf 30 bis 50 Prozent ihrer ursprünglichen Mitarbeiter reduziert, einschließlich des am meisten qualifizierten Personals (Ärzte, Krankenschwestern, Ingenieure, Lehrer, Professoren, Richter, Polizisten usw.), was zu einer Desorganisation und einer erhöhten Arbeitsbelastung für die übrigen Mitarbeiter, einer Reduzierung der Dienstleistungen und einer Verschlechterung der Qualität der Dienstleistungen geführt hat.

Schätzungsweise 90 Prozent der Haushalte sind an das nationale Wasserverteilungssystem angeschlossen. Viele Haushalte klagen jedoch über häufige Unterbrechungen aufgrund von Stromausfällen, was Wasserpumpen und die Wartung der Infrastruktur beeinträchtigt, sowie über einen Mangel an qualifiziertem Wartungspersonal. Die Wasserverteilung kann nur "schichtweise" erfolgen, um eine flächendeckende Versorgung zu gewährleisten; die meisten Haushalte können nur ein- bis zweimal pro Woche Wasser für mehrere Stunden beziehen. Aufgrund der kommerziellen Hindernisse hat sich der Einsatz von chemischen Mitteln zur Behandlung und Reinigung von Wasser, um es trinkbar zu machen, um 30 Prozent reduziert.

Die Behinderung von Nahrungsmittelimporten, die mehr als 50 Prozent des Nahrungsmittelverbrauchs ausmachen, hat in den letzten 6 Jahren zu einem stetigen Anstieg der Unterernährung geführt, mit mehr als 2,5 Millionen Menschen in starker Ernährungsunsicherheit. Mechanismen zur Bewältigung dieser Situation sind Verringerung der Anzahl der Mahlzeiten pro Tag (1 oder 2 statt 3); Verringerung der Quantität und Qualität der Lebensmittel; Deskapitalisierung/Verkauf von Haushaltsvermögen, um sich zu ernähren; reduzierte Ausgaben für Gesundheit, Kleidung und Bildung; verbunden mit einer korrelativen Zunahme von Familienkrisen, Spannungen, Gewalt und Trennungen; Kinderarbeit; Schattenwirtschaft; kriminelle Aktivitäten, einschließlich Drogen- und Menschenhandel, Zwangsarbeit und Migration. Beim Clap-Lebensmittelkisten-Programm, gestartet als Regierungsinitiative im Jahr 2017 und einer Abdeckung von 6 Mio. Haushalten im ganzen Land, verringert sich die Vielfalt der Artikel.

Venezuela war fast vollständig von aus dem Ausland importierten Medikamenten abhängig, während vor 2016 die meisten öffentlichen medizinischen Dienste vom Staat kostenlos zur Verfügung gestellt wurden. Zu den Hindernissen bei der Gesundheitsversorgung gehören ein Mangel an oder schwere Engpässe bei Medikamenten und Impfstoffen; steigende Preise; Engpässe bei der Stromversorgung von Geräten; Wassermangel und Sanitärprobleme, die die Hygiene beeinträchtigen; sich verschlechternde Infrastruktur aufgrund mangelnder Wartung, fehlender Ersatzteile, Nichtverfügbarkeit von neuen Geräten, fehlender Ressourcen oder die Weigerung, sie zu verkaufen oder zu liefern; Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und fehlende Ausrüstungen zum Schutz vor Infektionskrankheiten; der Ausfall von Personal in allen medizinischen Bereichen aufgrund von niedrigen Gehältern; und die fehlende Fertigstellung beim Bau von Krankenhäusern und Primärversorgungszentren.

Insbesondere das Kinderkardiologie-Krankenhaus in Caracas sieht sich mit einem fünffachen Rückgang der Zahl der Operationen konfrontiert von durchschnittlich 1.000 Eingriffen pro Jahr im Zeitraum 2010 bis 2014 auf 162 im Jahr 2020). Die Stellen für medizinisches Personal in öffentlichen Krankenhäusern sind zu 50 bis 70 Prozent unbesetzt. Nur etwa 20 Prozent der medizinischen Geräte sind derzeit in Betrieb. Das Land hatte 2017 bis 2018 einen schweren Mangel an Impfstoffen gegen Masern, Gelbfieber und Malaria. Die Mangel an HIV-Tests und -Behandlung 2017 und 2018 brachte gemäß Berichten eine starke Erhöhung der Sterblichkeitsrate hervor. Die Umleitung von Vermögenswerten der US-Tochtergesellschaft von PDVSA, Citgo, hat Leber- und Knochenmarkstransplantationen für 53 venezolanische Kinder verhindert; diese Transplantationen wären in Italien und Argentinien vor 2016 auf Staatskosten durchgeführt worden. Die Sonderberichterstatterin nimmt auch den gemeldeten Anstieg der Neugeborenen- und Müttersterblichkeit seit 2013 zur Kenntnis, und einer leichten Verbesserung im Jahr 2019, durch die Aktivierung der humanitären Zusammenarbeit mit Unicef, Paho, der Kirche und anderen humanitären Organisationen.

Weitere schädliche Auswirkungen der Krise sind das wachsende Problem der Teenager-Schwangerschaften, die ein Krisenniveau bei 12 bis 13-jährigen Mädchen erreicht, die mit fehlenden Zugang zur Betreuung und Informationen über Methoden der Empfängnisverhütung schwanger werden; und der Anstieg von HIV/Aids aufgrund von ungeschütztem Sex.

Die Schul- und Hochschulbildung ist seit 2016 mit einem starken Rückgang der staatlichen Unterstützung konfrontiert, einschließlich der Reduzierung der Bereitstellung von Schuluniformen, Schuhen, Schultaschen und Schulmaterial; und die Reduzierung der Anzahl der täglichen Schulmahlzeiten (von zwei tägliche Schulspeisungen auf eine), wodurch die Menge und Vielfalt der Lebensmittel abnimmt oder sogar teilweise ausfällt. Die Nichtverfügbarkeit der finanziellen Ressourcen und die Zurückhaltung ausländischer Unternehmen, Geschäfte mit den venezolanischen öffentlichen Einrichtungen und privaten Institutionen zu tätigen, hat zur Aussetzung des Canaima-Programms geführt, dass 2015 gestartet wurde, um Laptops für Bildungszwecke zur Verfügung zu stellen, von denen 6,5 Millionen kostenlos über das Schulsystem verteilt worden sind. Technische Vorkommnisse im Jahr 2019 haben in Venezuela den öffentlichen Satelliten lahmgelegt, was die Internetabdeckung im Land erheblich reduziert und es kaum möglich macht, ein Fernstudium im Zuge der Pandemie im gesamten Land zu ermöglichen.

Angesichts der wirtschaftlichen und humanitären Krise hat die venezolanische Regierung die Zusammenarbeit mit UNDP, Unicef, UNAIDS, Paho, anderen internationalen Agenturen, sowie mit der Kirche, dem privaten Sektor und humanitären NGOs aktiviert, die humanitäre Hilfe leisten und einen Teil des Wiederaufbaus der Wassersysteme und die Bereitstellung von Impfstoffen, Medikamenten, Tests, Reagenzien, Schulmaterial und Lebensmittel zum Ziel hat. Allerdings sind die Versuche einer Freigabe der bei der Bank of England eingefrorenen Vermögen für den Kauf von Medikamenten, Impfstoffen, Schutz- und medizinischer Ausrüstung durch UNDP und Paho im Jahr 2020 gescheitert. Es wurden keine Mittel für den Kauf von Covax durch Paho in den Jahren 2020 bis 2021 freigegeben. Trotz der Intensivierung der Arbeit mit humanitären Akteuren sind einige Fälle von Überwachung und Verfolgung von NGO-Mitarbeitern, die an humanitärer Arbeit beteiligt sind, berichtet worden.
Auswertung der Rechtsgrundlage zur Auferlegung von Sanktionen

Die Sonderberichterstatterin ist der Ansicht, dass der von der Regierung der USA am 8. März 2015 verhängte und mehrfach verlängerte nationale Notstand als Grundlage für die Einführung von Sanktionen gegen Venezuela, nicht den Anforderungen von Artikel 4 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte entspricht, wie zum Beispiel das Vorhandensein einer Bedrohung für das Leben der Nation, die Begrenzung der Maßnahmen, die Nichtdiskriminierung, das Verbot der Abweichung vom Recht auf Leben und das Verbot einer Aktivität, die kein Verbrechen darstellt, wie es in der Mitteilung der Menschenrechtsexperten vom 29. Januar 2021 erwähnt wird.

Die Sonderberichterstatterin unterstreicht, dass unilaterale Sanktionen gegen den Öl-, Gold-, Bergbau- und andere Wirtschaftssektoren, der staatlichen Fluggesellschaft und der Fernseheinrichtungen, eine Verletzung des Völkerrechts darstellen, und ihre Rechtswidrigkeit ist nicht mit Verweis auf Gegenmaßnahmen ausgeschlossen. Der angekündigte Zweck der "Maximaldruck"-Kampagne - um Venezuelas Regierung zu ändern - verletzt das Prinzip der souveränen Gleichheit der Staaten und stellt eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten Venezuelas dar, die auch auf seine regionalen Beziehungen zu treffen.

Unter Verweis auf die gewohnheitsrechtlichen Regeln zur Immunität von Staatseigentum, weist die Sonderberichterstatterin darauf hin, dass die Vermögenswerte der Zentralbank und für öffentliche Aufgaben genutztes Eigentum dem venezolanischen Staat gehören und nicht seiner Regierung oder irgendeiner Einzelperson. Daher verletzt das Einfrieren des Vermögens der Zentralbank von Venezuela wegen Nichtanerkennung ihrer Regierung sowie die Verabschiedung entsprechender Sanktionen, die souveränen Rechte des Staates von Venezuela, und hindert die effektive Regierung an der Ausübung ihrer Pflicht zur Gewährleistung der Bedürfnisse der Bevölkerung.

Die Sonderberichterstatterin betont, dass die Aufnahme von Staatsbeamten in die Liste von Amts wegen dem Verbot widerspricht, Handlungen zu bestrafen, die kein Verbrechen darstellen, sie hindert Beamte daran, die Interessen Venezuelas vor internationalen Gerichten und anderen internationalen Institutionen zu vertreten, und untergräbt somit das Prinzip der souveränen Gleichheit der Staaten. Sie stellt außerdem fest, dass die wiederholte Weigerung von Banken in den USA, Großbritannien und Portugal, venezolanische Guthaben, unter anderem für den Kauf von Medikamenten, Impfstoffen und Schutzausrüstungen unter der Kontrolle von internationalen Organisationen freizugeben, gegen das oben genannte Prinzip verstößt und Venezuelas Fähigkeit behindert, auf den COVID-19-Notstand zu reagieren.

Die Sonderberichterstatterin ist darüber besorgt, dass unilaterale gezielte Sanktionen in ihrer derzeitigen Form zumindest die Verpflichtungen aus den universalen und regionalen Menschenrechtsinstrumenten verletzen, von denen viele zwingender Natur sind - Verfahrensgarantien und Unschuldsvermutung im Hinblick darauf, dass die Gründe für ihre Einführung größtenteils keine internationale Verbrechen darstellen und nicht dem Grundgedanken der universellen Strafgerichtsbarkeit entsprechen, wobei die Sonderberichterstatterin zur Kenntnis nimmt, dass eine Gruppe von Staaten am 27. September 2018 beim Internationalen Strafgerichtshof eine Verweisung gegen Venezuela eingereicht hat.

Die Sonderberichterstatterin unterstreicht, dass die Anwendung der extraterritorialen Gerichtsbarkeit auf Staatsangehörige und Unternehmen von Drittstaaten wegen Zusammenarbeit mit venezolanischen Behörden, Staatsangehörigen und Unternehmen sowie die mutmaßlichen Drohungen gegen diese Drittstaaten, völkerrechtlich nicht gerechtfertigt sind und die Risiken einer exzessiven Durchsetzung von Sanktionen erhöhen. Die Sonderberichterstatterin nimmt mit Besorgnis die angeblichen Drohungen gegenüber privaten Unternehmen und gegenüber Spendern, Partnern, Geber und humanitären Organisationen zur Kenntnis.

Der Sonderberichterstatter beobachtet mit Besorgnis die vermutlichen Drohungen gegenüber privaten Unternehmen und Spendern, Partnern und humanitären Organisationen aus Drittländern sowie die Einführung von Vertraulichkeitsklauseln in das venezolanische verfassungsmäßige Anti-Blockade-Gesetz bezüglich der Identität von dem jeweiligen Partner.
Auswirkungen auf die Ausübung von Menschenrechten

Der Sonderberichterstatter stellt mit Besorgnis fest, dass die sektoralen Sanktionen gegen die Öl-, Gold- und Bergbauindustrie, die Wirtschaftsblockade Venezuelas und das Einfrieren der Guthaben der Zentralbank die bereits bestehenden wirtschaftlichen und humanitären Probleme noch verschlimmert haben, indem sie die Erhebung von Einnahmen und die Verwendung von Ressourcen zur Entwicklung und Erhaltung der Infrastruktur und der sozialen Programme verhindern. Dies hat verheerende Auswirkungen auf die gesamte Bevölkerung Venezuelas, insbesondere auf die in extremer Armut lebenden Menschen, Frauen, Kinder, medizinisches Personal, Menschen mit Behinderungen, Menschen mit chronischen oder lebensbedrohlichen Krankheiten und die indigene Bevölkerung.

Der Sonderberichterstatter unterstreicht, dass die bestehenden humanitären Ausnahmen ineffektiv und unzureichend sind. Sie unterliegen langwierigen und kostspieligen Verfahren und decken nicht die Lieferung von Ersatzteilen, Geräten und Maschinen ab, die für die Aufrechterhaltung und Wiederherstellung der Wirtschaft und der öffentlichen Dienste notwendig sind.

Die Sonderberichterstatterin ist darüber besorgt, dass die Anwendung extraterritorialer Sekundärsanktionen sowie die angebliche Androhung von Sanktionen zu einer übermäßigen Durchsetzung von extraterritorialen Sanktionsregimen führen kann. Dadurch werden die Regierung Venezuelas, ihr öffentlicher Sektor und die Privatunternehmen am Erwerb von Maschinen, Ersatzteilen, Medikamenten, Lebensmitteln, landwirtschaftlichen Erzeugnissen und anderen lebenswichtigen Gütern behindert, auch innerhalb der Lizenzen, die von der Regierung der Vereinigten Staaten erteilt wurden. Die Embargos der US-Regierung haben auch eine zunehmende Anzahl von Verweigerungen von Überweisungen, verlängerte Überweisungszeiten (von 2 bis 45 Tagen), erhöhte Liefer-, Versicherungs- und Überweisungskosten, sowie Preiserhöhungen für alle Waren (insbesondere importierte Waren) hervorgerufen.

Die Sonderberichterstatterin stellt mit Besorgnis fest, dass der Mangel an Ressourcen und das Zögern ausländischer Partner, Banken und Lieferfirmen, mit venezolanischen Partnern zu verhandeln, dazu geführt hat, dass es unmöglich ist, die notwendige medizinische und technologische Ausrüstung, Reagenzien und Ersatzteile für die Reparatur und Wartung von Strom, Gas, Wasser, Transport, öffentlichen Verkehrsmitteln, Telefon- und Kommunikationssystemen, Schulen, Krankenhäuser, Wohnungen und anderen öffentliche Institutionen zu kaufen, was die Ausübung vieler Menschenrechte untergräbt, einschließlich des Rechts auf ein Leben in Würde.

Trotz der periodischen Revision und Erhöhung der Löhne in Venezuela wird der Durchschnittslohn im öffentlichen Sektor auf 2 bis 3 US-Dollar im Monat geschätzt, was weniger als 1 Prozent des Grundnahrungsmittelkorbs abdeckt. Dies macht die Bevölkerung zunehmend abhängig von sozialer Unterstützung durch die Regierung in Form von Clap-Kisten (Lebensmittel) und regelmäßigen Geldtransfers durch die "Carta de la Patria", mehrfache Subventionen für Staatsbeamte, sowie ausländische humanitäre Hilfe.

Die Sonderberichterstatterin stellt fest, dass dies den Grad der Migration erhöht, die Teilnahme von Personen in der Schattenwirtschaft hervorbringt, und in erster Linie hochrangige Spezialisten im öffentlichen Sektor, inklusive Ärzte, Krankenschwestern, Lehrer, Universitätsprofessoren, Ingenieure, Polizisten, Richter, Techniker und viele andere betrifft, deren Rechte verletzt werden, einschließlich des Rechts auf Arbeit, auf menschenwürdige Arbeit, auf soziale Sicherheit einschließlich Sozialversicherung und auf einen angemessenen Lebensstandard. Die Anzahl der unbesetzten Stellen, die zur Sicherstellung des normalen Funktionierens der öffentlichen Dienste bestimmt sind, haben inzwischen ein Drittel bis zur Hälfte des Notwendigen erreicht. Die Massenmigration ohne erschwinglichen Transport gefährdet das Leben der Migranten und bürdet den Aufnahmeländern zusätzliche Lasten auf.

Neben anderen Problemen ist der fehlende Zugang zu Lebensmitteln, Medikamenten und medizinischer Versorgung für venezolanische Migranten bekannt, auch das Fehlen von Ausweispapieren für im Ausland geborenen Kindern, die Trennung von Familien und das Fehlen einer angemessenen Betreuung für Kinder, die bei den Großeltern in Venezuela bleiben.

Die Sonderberichterstatterin ist besorgt darüber, dass der Mangel an Benzin und der damit verbundene Anstieg der Transportpreise die Bewegungsfreiheit verletzt und den Zugang zu Krankenhäusern, Schulen und anderen öffentlichen Dienstleistungen behindert. Er verschärft die Probleme der Verteilung und Übergabe von Lebensmitteln und medizinischen Hilfsgütern - vor allem in entlegenen Gebieten des Landes, wovon unter anderem die indigene Bevölkerung betroffen ist – und verursacht Verzögerungen bei öffentlichen Dienstleistungen, einschließlich der Straf- und Ziviljustiz. Der berichtete Mangel an Dieselkraftstoff, der hauptsächlich für landwirtschaftliche, industrielle und Transportzwecke verwendet wird, hat potenziell dramatische Auswirkungen auf die Lebensmittelproduktion und -lagerung, mit dem Risiko, die Ernährungsunsicherheit der venezolanischen Bevölkerung, die bereits unter einer Verschlechterung der Nahrungsquantität und -qualität und zunehmender Unterernährung leidet und das somit die Gefahr zunehmender Unterernährung und damit Gesundheitsrisiken und Lebensgefahren birgt.

Die Sonderberichterstatterin sieht mit der Sorge, dass aufgrund der Nichtverfügbarkeit von neuen Maschinen, Ersatzteilen und kompetentem Personal, dem venezolanischen Volk der Zugang zu Elektrizität erschwert wird, was u.a. den Betrieb von Wasserpumpen unmöglich macht und damit das Recht auf Wasser, einschließlich das Recht auf sauberes Trinkwasser verletzt und die Abwasserentsorgung nicht garantiert ist, wodurch sich die Risiken relevanter Krankheiten erhöhen.

Die Sonderberichterstatterin hebt hervor, dass niedrige Gehälter, das Fehlen oder die unzureichende Versorgung mit Schulmaterial, Schuluniformen und Schulessen, die früher von der Regierung bereitgestellt wurden, Transportprobleme, das Fehlen von Elektrizität und die reduzierte Abdeckung von Internet und Mobiltelefon, das Recht auf Bildung gefährden. Die oben genannten Gründe, sowie die berichtete Unmöglichkeit, Online-Ressourcen mit venezolanischen IP-Adressen zu nutzen, beeinträchtigen den Zugang zu Informationen und der freien Meinungsäußerung. Die angebliche mangelnde Kooperationsbereitschaft der ausländischen Partner mit venezolanischen Institutionen, einschließlich Universitäten, Sportvereinen und NGOs, sowie Hindernisse bei Geldtransfers, Schwierigkeiten bei der Erlangung von Visa und die Verweigerung der Öffnung und Schließung von Bankkonten venezolanischer Bürger oder von in Venezuela ansässigen öffentlichen und privaten Unternehmen aus Angst vor Sekundärsanktionen, beeinträchtigen das Recht auf Bildung, akademische Freiheiten, kulturelle Rechte und behindern die Bereitstellung von humanitärer Hilfe.

Die Sonderberichterstatterin ist auch besorgt darüber, dass der Mangel an Gas die Menschen dazu zwingt, mit Holzfeuer zu kochen, und dies kann das Recht auf eine förderliche Umgebung verletzen. Sie merkt an, dass aufgrund der Notwendigkeit, die überlebenswichtigen menschlichen Bedürfnisse zu sichern, die Regierung alle Programme ausgesetzt hat, die auf die Erreichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung abzielten, einschließlich der Agrar- und Gesundheitsprojekte, Umweltschutz, Verbesserung der Alphabetisierung und Computerkenntnisse, den Wiederaufbau und andere Bereiche.

Die Sonderberichterstatterin unterstreicht, dass das Einfrieren von Eigentum, Vermögen und Bankkonten von venezolanischen Bürgern durch ausländische und Korrespondenzbanken, oft aufgrund von Übererfüllung, zur Verletzung des Rechts auf Eigentum führt. Auch stellt sie mit Besorgnis fest, dass die Anwendung von einseitiger Sanktionen gegen Venezuela die Rechte von Staatsangehörigen von Drittländern beeinträchtigt, insbesondere die Beendigung von Verträgen mit Unternehmen aus Drittländern birgt das potenzielle Risiko der Beeinträchtigung der Wirtschafts- und Eigentumsrechte ihrer Eigentümer und Mitarbeiter; und das Ausbleiben von Beiträgen aus Venezuela, die früher an regionale Hilfsprojekte (z.B. Alba) gespendet wurden, wirkt sich negativ auf das Recht der Begünstigten auf humanitäre Hilfe jenseits der Grenzen Venezuelas aus.

Die Sonderberichterstatterin erkennt an, dass gezielte und sekundäre Sanktionen das Recht auf ein faires Verfahren, auf ein ordentliches Verfahren, Bewegungsfreiheit, Eigentumsrechte und das Recht auf Reputation verletzen. Sanktionen gegen Vertreter von Oppositionsgruppen für ihre Teilnahme an den Wahlen verletzen ihr Recht, Meinungen zu haben und zu äußern und an öffentlichen Angelegenheiten teilzunehmen. Während der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (Art. 275) gelisteten Personen die Möglichkeit des Zugriffs zum Europäischen Gerichtshof bietet, auch wenn es keine Verfahrensgarantien gibt bevor Entscheidungen über Sanktionen getroffen werden, stellt die Sonderberichterstatterin fest, dass im Hinblick auf die Sanktionen der USA der Zugang zur Justiz nicht gewährleistet ist, insbesondere in Anbetracht der zahlreichen berichteten Weigerungen von US-Anwälten, Fälle bei der Ofac einzureichen, aufgrund von angeblichen Drohungen der US-Regierung oder aus Angst vor hypothetischen Sanktionen.

Die Sonderberichterstatterin kommt zu dem Schluss, dass die gegen Venezuela, seine Bürger und Unternehmen verhängten Sanktionen Einzelpersonen in Venezuela und außerhalb seines Territoriums betreffen, sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor; Drittstaatenangehörige und Mitarbeiter von Unternehmen aus Drittstaaten, die von Sekundärsanktionen betroffen sind oder diese befürchten; Geber und internationale humanitäre NGOs; Empfänger von Hilfe durch internationale Organisationen, die traditionell von Venezuela finanziert werden; während die Ärmsten, Frauen, Kinder und Menschen mit chronischen oder schweren Erkrankungen am stärksten in Bezug auf die gesamte Bandbreite der Menschenrechte betroffen sind, einschließlich bürgerlicher, politischer, wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Rechte, sowie das Recht auf Entwicklung.

Die Sonderberichterstatterin begrüßt die Berichte über das verstärkte Engagement der Regierung von Venezuela mit UNDP, Unicef, UNAIDS, Paho und anderen internationalen Organisationen und kirchlichen, privatwirtschaftlichen und humanitären NGOs bei der Bereitstellung von humanitärer Hilfe, die Erleichterung des Wiederaufbaus einiger Wassersysteme und die Bereitstellung von Impfstoffen, Medikamenten, Tests, Reagenzien, Schulmaterial und Nahrungsmitteln, wodurch etwa vier Millionen Menschen geholfen wurde. Allerdings ist die Sonderberichterstatterin besorgt über Berichte über Missmanagement bei der Verteilung von humanitärer Hilfe, Überwachung und Verfolgung von nationalen NGO-Mitarbeitern, die in der humanitären Arbeit tätig sind, sowie das Fehlen von vorläufigen Regeln und Vorschriften für die Arbeit von internationalen NGOs.
Empfehlungen der Sonderberichterstatterin:

Die Sonderberichterstatterin weist alle Parteien auf ihre Verpflichtung gemäß der Charta der Vereinten Nationen zur Einhaltung der Grundsätze und Normen des internationalen Rechts hin, einschließlich der Prinzipien der souveränen Gleichheit, der politischen Unabhängigkeit, der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten der Staaten und der friedlichen Beilegung internationaler Streitigkeiten. Die Sonderberichterstatterin fordert sie auf, etwaige Streitigkeiten durch gerichtliche und andere zuständige internationale Institutionen zu lösen.

Die Sonderberichterstatterin unterstreicht, dass humanitäre Anliegen immer Vorrang vor politischen Belangen haben müssen und dass einseitige Maßnahmen nur unter Wahrung der Rechtsstaatlichkeit, der Normen der Menschenrechte, des Flüchtlingsrechtes und humanitären Rechts getroffen werden können; sie müssen mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Staaten übereinstimmen und können nur im Rahmen von international rechtmäßigen Gegenmaßnahmen angewendet werden. Die Sonderberichterstatterin erinnert daran, dass die vorläufigen und laufenden humanitären Folgeabschätzungen im Zuge jeder einseitigen Maßnahme durchgeführt werden sollten, da keine gute Absicht die Verletzung fundamentaler Menschenrechte als "Kollateralschaden" rechtfertigt.

Die Sonderberichterstatterin unterstreicht die Unzulässigkeit der extraterritorialen Anwendung von Sanktionen und fordert die Regierung der USA auf, den nationalen Notstand in Bezug auf Venezuela aufzuheben, sektorale Sanktionen gegen den venezolanischen öffentlichen Sektor zu überprüfen und aufzuheben, Sekundärsanktionen gegen Drittstaaten zu überprüfen und aufzuheben und von der Verhängung von Sanktionen gegen die Lieferung von Dieselkraftstoff abzusehen, die zu einer Krise noch nie dagewesenem Ausmaß führen würden.

Die Sonderberichterstatterin fordert alle Akteure (einschließlich Staaten, internationale Organisationen, Banken, private Unternehmen und die Zivilgesellschaft) auf, Zwang, schriftliche oder mündliche Drohungen oder andere Handlungen zu vermeiden, die eine Übererfüllung provozieren oder herbeiführen könnten, und alle Beschränkungen in der Übergangszeit bis zur Aufhebung der einseitigen Sanktionen so restriktiv wie möglich auszulegen, unter gebührender Berücksichtigung der vom der Sonderberichterstatterin im Dezember 2020 herausgegebenen Leitlinien.

Die Sonderberichterstatterin ruft alle Staaten dazu auf, gezielte Sanktionen in Übereinstimmung mit den Prinzipien des Völkerrechts, der Rechtsstaatlichkeit, der Menschenrechte und Flüchtlingsrechts zu überprüfen und aufzuheben, und die Möglichkeit zu gewährleisten, dass venezolanische Staatsbedienstete den Staat auf der Grundlage des Prinzips der souveränen Gleichheit der Staaten vertreten können, und die Rechte der betroffenen Personen auf die Unschuldsvermutung, ein ordnungsgemäßes Verfahren, den Zugang zur Justiz und andere Grundrechte zu garantieren.

Die Sonderberichterstatterin drängt die Regierungen des Vereinigten Königreichs, Portugals und der USA sowie die betroffenen Banken darauf, die Guthaben der venezolanischen Zentralbank freizugeben, um Medikamente, Impfstoffe, Lebensmittel, medizinische und andere Ausrüstung, Ersatzteile und andere lebenswichtige Güter zu beschaffen, die humanitären Bedürfnisse des venezolanischen Volkes und die Wiederherstellung der öffentlichen Dienste zu garantieren, dies in Zusammenarbeit mit UNDP und anderen Organisationen der Vereinten Nationen und durch Mechanismen, die von ihnen gemeinsam vereinbart und überwacht werden.

Während sie die verheerenden Auswirkungen einseitiger Sanktionen im weiten Bereich der Menschenrechte, insbesondere das Recht auf Nahrung, das Recht auf Gesundheit, das Recht auf Leben, das Recht auf Bildung, das Recht auf Entwicklung, die das Recht auf Bildung und das Recht auf Entwicklung anerkennt, fordert die Sonderberichterstatter die Regierung Venezuelas und das Büro des Hochkommissars für Menschenrechte auf, das zwischen ihnen unterzeichnete Kooperationsabkommen vollständig umzusetzen, um die Präsenz des OHCHR vor Ort zu verstärken, um u. a. die Auswirkungen der einseitigen Sanktionen zu überwachen und folgende Besuche innerhalb des Sonderverfahrens im Land zu organisieren.

Die Sonderberichterstatterin fordert die Regierung Venezuelas, UNDP, andere UN-Organisationen und das OHCHR in Venezuela auf, eine Vereinbarung auszuhandeln, die die transparente, gerechte und diskriminierungsfreie Verteilung von lebenswichtigen Gütern und humanitäre Hilfe gewährleistet, unter der Kontrolle der internationalen Institutionen, unabhängig von Rasse, Geschlecht, Nationalität, Alter, religiösen oder politischen Überzeugungen oder Meinungen.

Die Sonderberichterstatterin fordert die Regierung von Venezuela auf, in Zusammenarbeit mit dem residierenden Koordinator der Vereinten Nationen und dem OHCHR in Venezuela, eine klare und nichtdiskriminierende Gesetzgebung auszuarbeiten, die die humanitäre Arbeit von internationalen und nationalen Organisationen ermöglicht und erleichtert, und die die Sicherheit und Integrität ihrer Mitarbeiter gewährleistet. Gleichzeitig verweist sie auf die Verpflichtung von humanitären NGOs zur Einhaltung der Standards einer rein humanitären Tätigkeit.


Quelle: OHCHR

 

 

Seit mehr als 20 Jahren werden die Regierungen der westlichen Staaten nicht müde, Demokratie in Venezuela zu fordern, gleichzeitig unterstützen sie jedoch die anti-demokratischen Bestrebungen der dortigen rechten Parteien.

Die Bevölkerung hat seit dem Beginn des bolivarischen Prozesses mit dem Sieg von Hugo Chavez bei der Präsidentschaftswahl 1998 umfangreiche demokratische und soziale Fortschritte errungen: In einer neuen Verfassung verankerte und täglich praktizierte Rechte der Mitbestimmung über staatliche Entscheidungen, Schaffung von unabhängigen Medien, Verteilung von Großgrundbesitz, Aufbau von Gesundheitsstationen, eine umfangreiche Alphabetisierung und verbesserte Bildungsmöglichkeiten, insbesondere für die ärmeren Schichten, sowie eine Stärkung der Rechte der indigenen Bevölkerung. Der Lebensstandard für Millionen Menschen wurde so in vielerlei Hinsicht stetig verbessert.
Zudem wurden über internationale Projekte wie Telesur, ein progressives Medienunternehmen und Bündnisse wie ALBA, in dem linke Regierungen, auf gegenseitiger Solidarität basierende, außenpolitische Beziehungen entwickeln, weit über die Venezolanischen Grenzen hinaus fortschrittliche Entwicklungen, mit Auswirkungen auf ganz Lateinamerika, gefördert.

Die Angriffe der rechten Kräfte innerhalb Venezuelas und aus dem Ausland gegen die sozialistische Orientierung der Regierung und für eine Rückgewinnung der Kontrolle über die enormen Rohstoffvorkommen des Landes, wurden über die Jahre jedoch immer intensiver: Das Zurückhalten von Waren durch die Besitzer großer Unternehmen und somit das Vortäuschen einer Versorgungskrise, der Schmuggel von subventionierten günstigen Waren in die Nachbarländer, Morde an sozialen AktivistInnen und Mitgliedern linker Parteien, Angriffe auf staatliche Gebäude, Geschäfte und Genossenschaften, Lügen und Diffamierungen in den bürgerlichen Medien, Sabotageaktionen, Putschversuche und die Nichtanerkennung demokratischer Wahlen dienten und dienen ihnen hierfür als Mittel.

Durch umfangreiche wirtschaftliche Angriffe, insbesondere von Seiten der USA, hat sich die Situation in den letzten Jahren enorm zugespitzt und mittlerweile bei einigen Gütern zu einer enormen Versorgungskrise geführt. So wurden in den USA mehrere Milliarden Dollar des Venezolanischen Staates beschlagnahmt, bzw. eingefroren, ebenso venezolanische Goldreserven in Großbritannien. Auch mit massiven Wirtschaftssanktionen, d.h. der Drohung mit Strafverfahren in den USA für Unternehmen die Handel mit Venezuela betreiben oder auch nur Güter transportieren, sowie der Weigerung von Banken, die Zahlungen Venezuelas weiter zu leiten, wird der Import von Medikamenten, Lebensmitteln und zahlreichen weiteren lebensnotwendigen Waren stark eingeschränkt. In einer Studie von Mitte 2019 geht das Center for Economic and Policy Research (CEPR) von rund 40.000 Menschen aus, die aufgrund der US-Sanktionen gegen Venezuela von 2017 bis 2018 ums Leben kamen.

Dieser Wirtschaftskrieg und die anhaltenden, verfassungswidrigen Aktionen der venezolanischen Rechtsparteien, wie der versuchte Putsch durch Juán Guaidó Anfang 2019, erreichen einen neuen Höhepunkt nach dem anderen. Begleitet von einer massiven Desinformations-Kampagne großer Teile der westlichen Medien und einer völkerrechtswidrigen Einmischung in die venezolanische Politik durch einige Regierungen, wird nun versucht den emanzipatorischen Prozess in Venezuela möglichst bald zu zerschlagen. Neben der US-Amerikanischen und rechtsextremen Südamerikanischen Regierungen ist daran an vorderster Front auch die deutsche Regierung beteiligt.

Venezuela ist akut bedroht, den gleichen Weg wie andere Länder aufgezwungen zu bekommen, der für die Bevölkerung Bürgerkrieg, die Abschaffung demokratischer Rechte, Verfolgung von sozialen AktivistInnen und den Ausverkauf seiner Rohstoffe bedeuten würde.

Kritik und notwendige Verbesserungen, etwa bei der Korruptionsbekämpfung und der Stabilisierung der Wirtschaft, können und müssen von den Menschen in Venezuela ausgehen. Das Streben nach fortschrittlichen Veränderungen ist Teil der täglichen Debatten und der politischen Entwicklungsprozesse, an denen sich Millionen Menschen beteiligen. Es steht außer Frage, dass die Angriffe hier zu keinerlei Verbesserungen führen, sondern soziale Fortschritte hemmen und hemmen sollen.

Wir stehen daher für das Selbstbestimmungsrecht der Menschen in Venezuela und lehnen die völkerrechtswidrige Einmischung, wie sie aktuell unter erlogenen Vorwänden praktiziert wird, ab.
Wir fordern den sofortigen Stopp des Wirtschaftskrieges und der militärischen Drohungen.
Wir setzen uns aktiv für die Verteidigung dieser Grundprinzipien des Völkerrechtes ein, dafür dass die Anerkennung des selbsternannten Präsidenten Guaidó zurückgenommen wird und die außenpolitischen Beziehungen zu Venezuela auf Basis des Völkerrechts praktiziert werden.
Wir setzen uns dafür ein, dass die Medien ihre Berichterstattung sachlich gestalten und sich nicht weiter zum Sprachrohr der Aggressoren machen.

Keine Intervention in Venezuela!

Keine Anerkennung für Putschisten!

Keine Einmischung in die inneren Angelegenheiten Venezuelas!

Sofortiger Stopp der Sanktionen gegen Venezuela und vollständige Freigabe der eingefrorenen und beschlagnahmten Gelder!

Schluss mit der medialen Hetze – sachliche Informationen und Berichte!

Stopp der Umsturzpolitik gegen Venezuela!

 

Schreiben des Berliner Bündnisses "Hände weg von Venezuela" an die Rosa-Luxemburg-Stiftung

Am 30. Juli erschien im Neuen Deutschland (ND) ein Interview mit dem Titel "Venezuela schadet der Linken" mit zwei venezolanischen Intellektuellen, dem Soziologen Edgardo Lander und dem Ökonomen und ehemaligen Minister für Grundstoffindustrie und Bergbau, Víctor Álvarez. Beide gehören einer Permanenten Arbeitsgruppe des Rosa Luxemburg Regionalbüros in Quito an. Das Interview führte Karin Gabbert, Referatsleiterin Lateinamerika der Rosa-Luxemburg-Stiftung.

In dem Gespräch werden von beiden Interviewten ungeheuerliche Angriffe auf das Foro von Sao Paulo, dem wichtigsten Zusammenschluss der lateinamerikanischen Linken und offiziellen Partner der Partei DIE LINKE geäußert, ohne dass die Referatsleiterin der Stiftung auch nur ansatzweise kritisch nachgefragt hätte, bzw. sie gibt mit den Fragestellungen bereits eine dubiose Richtung vor.

Das beginnt mit der Eingangsfrage, in der formuliert wird, der Westen versuche, Präsident [Nicolás] Maduro zu isolieren. Erstens geht es nicht um eine Person, sondern um eine Systemfrage – den "Chavismus" und konkrete historische Umstände. Zweitens geht es dem Imperium USA und verbündeten Ländern nicht nur um Isolierung, sondern um Putsch und Umsturz. Ein weiteres Defizit besteht darin, dass die diversen Ursachen der heutigen Probleme in Venezuela nicht erwähnt werden, ja dass sogar die Bemühungen und Erfolge linker Politik unter Chávez nicht erwähnt werden. Zugespitzt ist dieses Leugnen zum Ausdruck gebracht, in dem der Ökonom behauptet, manche Linken würden die Lage leider "noch durch die Brille des Kalten Krieges" betrachten.

Schockierend ist zudem, dass das Regionalbüro der Stiftung, die den Namen der Revolutionärin Rosa Luxemburg trägt, solche Akademiker unterstützt und ihnen eine Stimme gibt, damit sie die rechtmäßige linke Regierung verunglimpfen können.

Die Solidarität des Foro mit den von Putsch und US-Intervention bedrohten Linksregierungen von Nicaragua und Venezuela wird von Edgardo Lander als stalinistisch verunglimpft. Solche Anwürfe erwarten wir von bürgerlicher, reaktionär-antikommunistischer Seite, nicht jedoch von der Stiftung der Partei DIE LINKE, einer Partei, die sich in ihrem Grundsatzprogramm "internationaler Solidarität" verpflichtet sieht.

Im Erfurter Programm heißt es dazu: "....Verschiedene Bewegungen suchen, wie in Lateinamerika, nach neuen Wegen für eine nichtkapitalistische Entwicklung und fordern nicht nur unsere Solidarität, sondern auch unsere Lernbereitschaft. In den Ländern des globalen Südens entwickeln sich neue Formen des Eigentums und der Kooperation, die wichtige Akzente gegen den Neoliberalismus setzen. DIE LINKE beobachtet mit großem Interesse das Modell der Alba-Staaten, die eine solidarische Zusammenarbeit vereinbart haben".

Víctor Álvarez macht in dem Interview ausschließlich die Regierung Venezuelas für die "rasante Verarmung" und für die dadurch ausgelöste Migration verantwortlich, ohne auch nur mit einem Wort die jahrelangen Wirtschaftssanktionen und Subversionen gegen das Land zu erwähnen.

Entgegen aller Fakten wird behauptet, die jetzige Regierung sei keine linke Regierung, weil sie den Zugang zu Sport, Bildung, Gesundheit und Kultur behindere. Kein Wort über die Programme im Wohnungsbau, die von der Regierung organisierte Sicherstellung der Gesundheitsversorgung mit kubanischen Ärzten und der Grundversorgung mit Nahrungsmitteln durch das CLAP-System usw. usf.

Völlig außer Acht gelassen werden die von den USA und Verbündeten seit 1999 in unterschiedlichen Formen gesteuerten und durchgeführten Einmischungen und Umsturzversuche gegen die linke Regierung, u.a. der Putschversuch 2002, die unzähligen Wirtschaftssanktionen, die Terrorakte gegen Venezuela mit Zerstörung der Stromversorgung und die verschärfte Blockade gegen das Bruderland Kuba. Also die gesamte Genese, die Hintergründe, die geostrategische Bedeutung der Lage, das Agieren des US-Imperiums mit alten und neuen Handlungsmustern werden nicht erwähnt: diese Gemengelage ist "Kalter Krieg". Und dies auch so zu benennen, ist das Mindeste, was ein Intellektueller und eine linke Stiftung und eine linke Zeitung leisten müssten. Stattdessen werden Trumpsche Ideologeme wiederholt.

In wessen Namen spricht Edgardo Lander, wenn er sagt, dass die venezolanische Linke schockiert sei von der neoliberalen Politik der Regierung, die bewirkt, dass Kinder vor Hunger sterben? Wer ist diese Linke, worin besteht die neoliberale Politik – hätte die Interviewerin in luxemburgischem Sinne fragen müssen.

Im April letzten Jahres hat der Sonderberichterstatter des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen Alfred de Zayas nach einem Besuch in Venezuela das Wirtschaftsembargo seitens der USA und von EU-Staaten angeprangert: "Die Sanktionen töten", klagte de Zayas bei einer Pressekonferenz der UN in Genf an. Sie seien "geopolitische Verbrechen", die direkt zum Tod von Kindern durch Unterernährung führten. "In Venezuela sterben Kinder, weil sie wegen der Sanktionen und der Blockade nicht genügend Lebensmittel oder Medikamente bekommen." Daher fordert Alfred de Zayas, dass der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag die Wirtschaftssanktionen gegen Venezuela als mögliche Verbrechen gegen die Menschlichkeit untersuchen solle.

Idriss Jazairy, UN-Sonderberichterstatter für negative Auswirkungen von Sanktionen, sagte, wirtschaftspolitische Strafmaßnahmen zur Erzwingung politischer Ziele im Fall von Iran, Kuba und Venezuela stünden im Widerspruch zu Menschenrechten und Normen der internationalen diplomatischen Beziehungen. "Der Aufbau von Druck für Regimewechsel durch wirtschaftliche Maßnahmen, die eine Verletzung grundlegender Menschenrechte und möglicherweise sogar den Hungertod von Menschen billigend in Kauf nehmen, war noch nie eine akzeptable Praxis in den internationalen Beziehungen", betonte Jazairy. Politische Differenzen zwischen Regierungen dürften niemals dadurch gelöst werden, dass wirtschaftliche und humanitäre Katastrophen herbeigeführt werden, indem die einfachen Menschen in Geiselhaft genommen werden. "Es ist schwer nachzuvollziehen, wie Maßnahmen, die die Wirtschaft Venezuelas zerstören und verhindern, dass Venezolaner Geld nach Hause schicken, darauf abzielen könnten, dem venezolanischen Volk zu helfen", sagte der UN-Experte unter Bezugnahme auf entsprechende Begründungen des US- Finanzministeriums. Jazairys Aussagen folgen Berechnungen des Washingtoner Centre for Economic and Policy Research, wonach seit 2017 rund 40.000 Menschen in Venezuela an den Folgen von US-Sanktionen gestorben sein könnten.

– Kein Wort dazu im Interview.

Internationale Unterstützung erhält die Regierung Venezuelas nicht nur von "Russland, China, Iran Türkei, Bolivien und Kuba", wie Edgardo Lander vereinzelnd aufzählt, sondern von einer Gruppe von rund 60 Staaten bei den Vereinten Nationen in New York, die sich aktiv gegen die Anerkennung des Putschisten [Juan] Guaidó als Präsidenten Venezuelas und damit aktiv für die Verteidigung der UN-Charta einsetzen. Neben den engen Verbündeten wie die Alba-Länder oder Russland haben u.a. auch die Karibikgemeinschaft Caricom und der Südafrikanische Staatenbund klare Solidarität mit Venezuela gezeigt. Die große Mehrheit der Staaten der UN-Vollversammlung hat ausschließlich die legitime Regierung von Nicolás Maduro anerkannt. Eine Woche vor dem Interview gab es in Caracas ein Treffen auf Außenministerebene der 120 Mitgliedsstaaten der Blockfreien Bewegung, auf dem die US-Sanktionen verurteilt wurden und sich alle Länder hinter die Maduro-Regierung stellten.

– Kein Wort davon im Interview.

Gerade heute in Zeiten des völkerrechtswidrigen Interventionismus des Westens (Interventionen in Jugoslawien, Afghanistan, Irak, Libyen) und dessen massive Einmischung in weiteren Ländern (Ukraine, Syrien, Nicaragua, Venezuela) halten wir entgegen der Meinung von Edgardo Lander Kategorien wie "Imperialismus" und "Antiimperialismus" für alles andere als überholt. Wir stimmen mit Kubas Präsident Miguel Diaz–Canel überein, wenn er auf der Abschlussveranstaltung des Foro von Sao Paulo vor rund 750 Vertretern von mehr als 125 progressiven Organisationen und Parteien aus 70 Ländern fordert, die Verteidigung Venezuelas sei heute "die wichtigste Aufgabe im antiimperialistischen Kampf". Ebenso wichtig sein Appell an die progressiven Kräfte Lateinamerikas, sich vor dem Hintergrund der Offensive des US-Imperialismus und der Oligarchie nicht auseinanderdividieren zu lassen.

Wir erwarten von einer Parteistiftung der Linken, dass sie nicht dem antiimperialistischen und antikolonialen Kampf Kubas und der anderen Alba-Länder in den Rücken fällt, sondern vor Ort in Lateinamerika mit den im Foro von Sao Paulo organisierten Linkskräften den Dialog und die Zusammenarbeit bei der Verteidigung der Souveränität und Unabhängigkeit Lateinamerikas sucht und sich an der Kampagne und den damit verbundenen Aktionen gegen die Blockade Venezuelas und Kubas, gegen den Nica-Act der USA gegen Nicaragua und darüber hinaus für die Freilassung des inhaftierten brasilianischen Expräsidenten Lula da Silva beteiligt.

Vor allem erwarten wir ebenso von der Stiftung in den Ländern, in denen sie tätig ist, dass sie den von der dortigen Bevölkerung eingeschlagenen progressiven Entwicklungsweg anerkennt und achtet, statt ihn zu torpedieren.

Nicht Venezuela schadet der Linken, sondern eine derart einseitige, prinzipienlose und damit verzerrte Darstellung der Situation in Venezuela und der Linken in Lateinamerika wie sie von der Rosa-Luxemburg-Stiftung über das ND verbreitet wird.

 

Wenn es um Venezuela geht, gibt es keine Grenzen für die Heuchelei und Manipulationen großer bürgerlicher Medien

Von Eva Golinger / Übersetzung: Gerhard Mertschenk / Quelle: amerika21

 

Anmerkung: Statt New York Times und US-Medien könnte man viele deutsche Zeitungen und andere Medien einsetzen. Die Analyse würde deckungsgleich sein

Die Bilder von Millionen von Menschen auf den Straßen Chiles, die gegen die neoliberalen Maßnahmen der Regierung von Sebastián Piñera protestieren, gingen um die Welt. Aber sie gelangten nicht auf die Titelseiten von Zeitungen wie der New York Times. Die Massenkundgebungen und die darauf einsetzende brutale Unterdrückung durch die chilenischen Behörden mit mindestens 19 Toten als Folge wurden hauptsächlich über die sozialen Netzwerke wie Twitter, Facebook und YouTube an die Öffentlichkeit gebracht.

Ich gestehe, Abonnentin und Leserin der gedruckten Ausgabe der New York Times zu sein, die sieben Tage in der Woche erscheint. Und ich erinnere mich nicht, auf einer Titelseite der Zeitschrift im letzten Monat jemals Bilder von den Kundgebungen in Chile gesehen zu haben. Jedoch erinnere ich mich an Reportage auf Reportage auf der ersten Seite über die regierungsfeindlichen (Mini-)Proteste in Venezuela während des vorigen Jahres.

Die New York Times hat seit Anfang Januar 2019 mehr als 900 Artikel gebracht, in denen von Venezuela die Rede war. In ihrer Mehrheit übten sie harsche Kritik an der Regierung von Nicolás Maduro, wobei in Leitartikeln der Zeitung die Regime Change-Politik unterstützt wurde, die von der Regierung von Donald Trump vorangetrieben wird. Präsident Maduro ist als "autoritär", "Diktator", "Tyrann", "starker Mann", "repressiv" und mit anderen beleidigenden Worten abqualifiziert worden, die ihn diskreditieren und sein Mandat schwächen sollen.

Als die Kundgebungsteilnehmer der Rechten in Venezuela bei ihren Protesten Gewalt einsetzten, darunter Molotow-Cocktails, Steine, Feuerwaffen und andere Mittel, um die Nationalgarde und die Polizei anzugreifen, wurden sie von den internationalen Medien als "Aktivisten für die Demokratie", "Pazifisten" und Opfer der Unterdrückung durch den venezolanischen Staat bezeichnet.

Sehen wir uns einige Beispiele an. In einem Artikel der New York Times vom 23. Oktober 2019 über die Proteste in Chile und im Libanon war von 15 Personen die Rede, die dabei zu Tode kamen (Anzahl nach damaligem Stand), so als ob der Staat nicht für ihren Tod verantwortlich gewesen wäre. Die Zeitung, die sich üblicherweise als "Qualitäts"-Zeitung selbstbeweihräuchert, schrieb sogar, dass die "Protestierenden Fabriken angegriffen, U-Bahnstationen in Brand gesetzt und Supermärkte geplündert hätten, sodass Piñera gezwungen war, Truppen auf die Straßen zu schicken [...], mindestens15 Personen wurden getötet, und ein offensichtlich verwirrter Herr Piñera sprach von 'einem Krieg gegen einen mächtigen und unerbittlichen Feind'".

Im Gegensatz zu der so verständnisvollen und nachsichtigen Art mit der Piñera behandelt wird (der arme Präsident, der gezwungen war, Truppen gegen das Volk einzusetzen, das er als "Feind" bezeichnet), nagelte die New York Times den venezolanischen Staatschef fast ans Kreuz. Der "autoritäre" Maduro ist verantwortlich für die "Massaker", die "Verletzung von Menschenrechten", und angesichts der Krise im Land hat er gegen das Volk "harte Schläge" ausgeteilt, indem er "Sicherheitskräfte losschickte, um die Dissidenten mit tödlichen Einsätzen niederzumachen".

Piñera nennt das Volk "Feind" und sagt, dass er sich im "Krieg" gegen die Protestierenden befindet, und die Medien fassen ihn mit Samthandschuhen an. Wenn Maduro dieselbe Sprache verwendet, so wird er "brutaler Diktator" genannt, ein Tyrann", der mit "eiserner Faust" herrscht.

Selbst als Piñera abrupt das Gipfeltreffen der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft Apec absagt, bei dem mit der Anwesenheit von Trump und dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping gerechnet wurde, gaben Medien wie die Washington Post den Protesten die Schuld. Sie erwähnten nicht einmal die Toten oder die brutale Unterdrückung seitens der chilenischen Sicherheitskräfte auf Befehl von Piñera.

In der Tat, trotz der mehr als einem Dutzend Toten, trotz der mindestens einer Million Protestierenden auf den Straßen und der massiven Unterdrückung und Gewaltanwendung seitens des Staates habe ich keinen einzigen Bericht über Chile in den US-Nachrichtensendungen gesehen, bis Piñera den Apec-Gipfel absagte, und das auch nur, weil es um einen Besuch Trumps in Chile ging. Die US-Medien haben nicht eine Reportage über die Märsche mit einer Million Teilnehmern gegen die neoliberalen Maßnahmen Piñeras auf den Bildschirm gebracht ‒ Demonstrationen, die vom Staat brutal unterdrückt und bei denen Tausende Personen verletzt und verhaftet wurden.

Im Gegensatz dazu war Venezuela von Januar bis Juni auf den Bildschirmen des Kabelfernsehens und der landesweiten US-Nachrichtensendungen fast täglich präsent, mit selbsternannten Experten und Pseudoanalytikern, die den "baldigen Sturz" des Maduro-Regimes verkündeten. Es wurden Interviews mit dem Oppositionsführer Juan Guaidó gebracht, der als "Präsident" angeredet wurde, obwohl er diesen Titel legal nicht besitzt, und ein um das andere Mal wurden die Leitlinien des US-Außenministeriums bezüglich Venezuela wiederholt: Maduro ist illegitim; die Leute wollen ihn nicht; die Mehrheit unterstützt Guaidó; Maduro tritt bald zurück; Maduro stürzt bald; es wird morgen passieren; möglicherweise heute; doch noch nicht, aber bald; gegenwärtig weiß man nicht wann, aber eines Tages wird es sein.

Im Zeitraum von Januar bis Oktober 2019 veröffentlichte das US-Außenministerium 167 Kommuniqués zu Venezuela. Zu Chile gab es im selben Zeitraum 17 Kommuniqués, und in allen wird Venezuela erwähnt und die gemeinsame Haltung gegen Maduro. Kein einziges erwähnt die Proteste in Chile, die toten Demonstranten oder die staatliche Unterdrückung. Die Heuchelei ist so krass, dass man sie nicht runterschlucken kann.

Ein ähnlich gelagerter Fall ist Ecuador gewesen, wo große Proteste gegen die Regierung von Lenín Moreno das Land zum Stillstand brachten. Der geschwächte und unpopuläre Staatschef von Ecuador musste sogar den Regierungssitz von Quito nach Guayaquil verlegen, um sich den Protesten nicht stellen zu müssen, die bis zum Präsidentenpalast Carondolet vorgedrungen waren. Wie Piñera griff auch Moreno auf Taktiken der Unterdrückung zurück, um die Proteste gegen ihn ins Leere laufen zu lassen. Und wie Piñera musste er angesichts der Forderungen des Volkes nachgeben und unpopuläre Maßnahmen wie die Abschaffung der Spritpreissubventionen zurücknehmen. Genau wie Piñera verhängte Moreno in bestimmten Landesteilen eine Ausgangssperre und ordnete die Anwendung von Gewalt gegen die Protestierenden an. Genau wie im Falle von Chile brachten die US-Medien fast gar nichts über die Krise in Ecuador und die brutale staatliche Unterdrückung des aufständischen Volkes.

Das US-Außenministerium hatte allerdings doch etwas zu den Protesten in Ecuador zu sagen, ganz im Unterschied zu Chile. Am 11. Oktober veröffentlichte Außenminister Mike Pompeo ein Kommuniqué zur Unterstützung von Präsident Moreno und der "Bemühungen der ecuadorianischen Regierung, die demokratischen Verfahrensweisen zu institutionalisieren und Wirtschaftsreformen umzusetzen". Das heißt, nichts über die Unterdrückung seitens des Staates, nichts über die Brutalität gegenüber den Demonstranten oder ihr Recht zu protestieren.

Tatsächlich kündigte Pompeo in seinem Kommuniqué an: "Wir verfolgen die Beschwerden über ausländische Akteure, die in die Demonstrationen in Ecuador verwickelt sind". Pompeo bezog sich damit auf die unbegründeten Anschuldigungen Morenos über angebliche Verbindungen Maduros und Venezuelas mit den Unruhen in Ecuador. Weder Moreno noch Pompeo legten Beweise zur Untermauerung oder Begründung dieser schwerwiegenden Anschuldigungen vor.

Die New York Times ihrerseits hat nicht viel über Ecuador und die Proteste gegen die Regierung gebracht, mit Ausnahme einiger der Regierung Moreno gewogener Artikel. Am 3. Oktober, also zu Beginn der Proteste, erschien eine Reportage unter dem Titel "Ecuador erklärt Ausnahmezustand, während streikende Arbeiter die Straßen blockieren", so als ob die Regierung gezwungen gewesen wäre, wegen der gegen sie gerichteten Proteste den Repressionsstaat einzusetzen. An dieser Stelle muss angemerkt werden, dass die Regierung Maduro weder eine Ausgangssperre (wie in Chile und Ecuador) noch den Ausnahmezustand verhängt hat, trotz der zahlreichen Staatsstreichversuche, gewalttätiger Protestierer, aufständischer Militärs und sogar Bombenattentate auf den Präsidenten.

Nichtsdestotrotz ist Maduro der Diktator und Moreno und Piñera sind die Demokraten.

Ich beende diese Analyse mit Beispielen gänzlich anders klingender Töne aus Reportagen der New York Times über Ecuador und Venezuela.

Der Artikel über Ecuador endet folgendermaßen: "In einer am Donnerstag abgegebenen Erklärung brandmarkte Herr Moreno die Proteste mit starken Worten. 'Für diejenigen, die das Chaos durchsetzen wollen, um irgendetwas zu erreichen, ist die Zeit abgelaufen', sagte er. Und fügte hinzu, er sei nicht bereit, die Abschaffung der Spritpreisssubventionierung zu überdenken: 'Die von uns ergriffenen Maßnahmen sind unabänderlich', erklärte er. 'Es besteht keine Möglichkeit, daran etwas zu ändern'". (Wochen später musste Moreno einen Rückzieher machen und die Subventionen wieder einführen).

Wie man lesen kann, präsentiert die US-Zeitung Moreno als einen starken, entschlossenen und ernsthaften Mandatsträger. Sie lassen ihm das letzte Wort in der Reportage und zensieren seine Gegner, die im Artikel als chaotisch, gewalttätig und unverantwortlich dargestellt werden.

Im Gegensatz dazu ein Artikel vom 30. Januar 2019 über Venezuela mit dem Titel "Maduro setzt eine Polizeispezialtruppe ein, um die Dissidenz niederzumachen", der mit einem Zitat nicht vom Präsidenten, sondern von einer Oppositionellen endet: "'Die Regierung zwingt dich so zu sein, wie sie es wollen', sagte Frau González. 'Denn wenn du das nicht machst, werfen sie dich ins Gefängnis oder du bist tot'".

Wie sagte der US-Intellektuelle Noam Chomsky: "Die Hauptfunktion der Massenmedien in den USA besteht darin, die öffentliche Unterstützung für die speziellen Interessen zu mobilisieren, die in der Regierung und im Privatsektor vorherrschen."

Washington will einen Regime Change in Venezuela, um eine Regierung einzusetzen, die ihren Interessen dient. Das wurde in Ecuador und Chile bereits erreicht, deshalb ignorieren die Medien die staatliche Unterdrückung in diesen Ländern. Aber wenn es sich um Venezuela handelt, gibt es für ihre Heuchelei und ihre Manipulationen keine Grenzen.

30. Oktober

 

Für die Einhaltung des Völkerrechts und gegen Desinformation durch die deutsche Regierung und deutsche Medien!

Die Lateinamerikanistin Prof. Dr. Raina Zimmering hat im April 2019 eine Erklärung verfasst, in der die Bundesregierung und deutsche Medien aufgefordert werden, das Völkerrecht zu achten und keine weitere Desinformationen über Venezuela zu verbreiten:

Wir sind Bürgerinnen und Bürger aus der Bundesrepublik Deutschland und aus Europa oder aus Lateinamerika, die in Europa leben, und Europäer und Europäerinnen, die in Lateinamerika oder anderen Ländern leben. Die deutsche Politik im Venezuela-Konflikt und die Desinformation vieler deutscher Medien besorgen uns sehr und veranlassen uns, folgende Deklaration zu unterstützen:

Nach der Regierungsübernahme durch Hugo Chávez in dem erdölreichsten Land der Welt hatten sich die Lebensverhältnisse der venezolanischen Bevölkerung, insbesondere der unteren Schichten, spürbar verbessert. Dies änderte sich in den letzen Jahren auf dramatische Weise. Wichtige Ursachen für die Verschlechterung der Situation sind das Sinken des Ölpreises, eine zerstörerische Sanktionspolitik der USA und weiterer westlicher Staaten, ein Wirtschaftskrieg durch westliche Länder und durch das Großkapital und ein "Krieg niederer Intensität" der USA mit dem Ziel des "Regimechange". Auf diese Subversionsstrategien konnten im auf Renten basierten und auf Verteilung orientierten Gesellschaftssystem Venezuelas keine adäquaten Gegenstrategien etabliert werden und es wird zunehmend mit Notverordnungen und politischen Sondermaßnahmen regiert, um die langfristig konstruierte Krise im Land zu bewältigen. Durch die von den USA initiierte Selbsternennung des Parlamentspräsidenten Juan Guaidó im Januar 2019 zum Präsidenten der Republik kam es endgültig zu einer Spaltung des Landes und einer extremen Zuspitzung der politischen und wirtschaftlichen Krise.

Nachdem die Maßnahmen des "Regimechange" und völkerrechtswidrige äußere Aktionen nach der Selbsternennung Guaidós – wie die Androhungen einer militärischen Intervention durch die USA, die diplomatische Anerkennung von Juan Guaidó als legitimen Präsidenten durch eine Reihe von westlichen Staaten, die Forderungen der USA und europäischer Staaten nach sofortiger Ausrufung von Präsidentenwahlen in Venezuela, Ultimaten gegen das venezolanische Militär durch Präsident Donald Trump, die illegale und völkerrechtwidrige "humanitäre Hilfe", die mit politischen Zielen verwoben wurde, und die Einschüchterung der Bevölkerung durch Gewaltakte der Opposition, wie Straßenschlachten und Ermordung von Passanten, – nicht gelungen sind, drohen die USA und ihre rechten Verbündeten in Lateinamerika nun mit der völligen Lahmlegung des Landes, um den "Regimechange" doch noch zu erzwingen.

Die über all dem stehende Argumentation der westlichen Staaten, dem "Leiden" des venezolanischen Volkes ein Ende bereiten zu wollen, verkehrt sich nunmehr in ihr Gegenteil und offenbart damit das wahre Gesicht der Anti-Maduro-Koalition. Das Leid der venezolanischen Bevölkerung wird gegenwärtig durch die verschärften Subversions- und Sanktionsstrategien auf das Äußerste weiter zugespitzt. Mangel an Nahrungsmitteln und Medikamenten, Stromausfälle und Wassermangel prägen das Alltagsleben der Venezolaner, auch wenn sie durch Sonderhilfsaktionen der Maduro-Regierung und Hilfsmaßnahmen der UNO, Russlands, anderer Regierungen und Solidaritätsaktionen aus der ganzen Welt abgemildert werden.

Um die Lebenssituation des venezolanischen Volkes zu erleichtern, um eine adäquate Lösung des Konfliktes im Sinne des Völkerrechtes – insbesondere des Selbstbestimmungsrechtes des venezolanischen Volkes – zu erreichen und das Recht der deutschen Öffentlichkeit auf wahrheitsgemäße und umfassende Information zu realisieren, fordern wir die deutsche Regierung und die Mehrzahl der deutschen Medien auf,

  1. über die wahren Ursachen des Konfliktes in Venezuela aufzuklären, wozu nicht nur die systembedingten Defizite in Venezuela, sondern der Interessenkonflikt um die Verfügungsgewalt über die riesigen Ölreserven und die unterschiedlichen Auffassungen über das einzuschlagende Gesellschaftsmodell gehören;

  2. über die realen Mehrheitsverhältnisse im venezolanischen Volk aufzuklären und eine einseitige Berichterstattung zu verhindern. So werden bisher gezielt Informationen verbreitet, die immer wieder Guaidó-Anhänger zeigen, aber nicht die breite Unterstützung der venezolanischen Bevölkerung für die Maduro-Regierung, die auf eine nach wie vor große Anhängerschaft verweisen kann. Der von der deutschen Regierung und deutschen Medien verwendete Passus "venezolanisches Volk" bezieht sich lediglich auf die Anhängerschaft von Guaidó, ist unterkomplex und schließt den anderen Teil der Bevölkerung aus;

  3. sich den Untersuchungsergebnissen der "Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages" und bekannter Völkerrechtsexperten über das vermutete völkerrechtswidrige Verhalten durch die deutsche Regierung bei der Anerkennung des selbsternannten Übergangspräsidenten, Juan Guaidó, öffentlich zu stellen;

  4. über die problematische Biographie des selbsternannten Präsidenten Juan Guaidó, seiner Zugehörigkeit zu dem gewalttätigsten Teil der Opposition und seiner Jahrzehnte dauernden Vorbereitung als "Regime-Change-Kader" durch die USA, wie sie von US-amerikanischen Analysten offen gelegt wurden, aufzuklären;

  5. sich der Frage zu stellen, wieso die deutsche Regierung gegenüber der US-Regierung von Donald Trump sowie derzeit rechter bis rechtsextremer lateinamerikanischer Regierungen – wie z.B. der von Jair Bolsonaro in Brasilien – in der Venezuela-Frage als Verbündete auftritt;

  6. sich dem Widerspruch zu stellen, dass einerseits durch Außenminister Heiko Maas behauptet wird, eine "friedliche Lösung" in Venezuela anzustreben, und andererseits die Sanktionen gegen Venezuela zu vertiefen und in seinem öffentlichen Amt eine einseitige Haltung in dem Konflikt zu vertreten;

  7. die weitere Verbreitung von nicht belegten Informationen über Venezuela sowie das gezielte Verschweigen von belegbaren Tatsachen zu verhindern (Beispiel: "humanitäre Hilfe" durch die USA und deren Verkoppelung mit politischen Forderungen);

  8. über humanitäre Hilfen der UNO, Russlands und anderer Staaten für Venezuela auf legaler völkerrechtlicher Grundlage zu informieren;

  9. sich eindeutig und zu jeder Zeit von einer eventuellen militärischen Intervention der USA in Venezuela zu distanzieren;

  10. sich nicht bedingungslos der "Regime-Change-Strategie" der USA angesichts der Gefahr eines militärischen Ausgangs mit verheerenden Folgen für das venezolanische Volk anzuschließen, sondern sich im Sinne des sogenannten Montevideo-Prozesses, der durch Mexiko und Uruguay initiiert wurde, als Vermittler zwischen den venezolanischen Konfliktparteien und zum Nutzen des gesamten venezolanischen Volkes zu betätigen.

Der Weg aus der tiefen Krise, die die venezolanische Gesellschaft durchlebt, muss auf einer friedlichen, völkerrechtskonformen und verfassungsmäßigen Grundlage vor sich gehen und dem Wohl des gesamten venezolanischen Volkes dienen.

Erstunterzeichner:

Barreto, Rejane, Agraringeneurin

Dr. Bialluch, Christoph, Psychotherapeut

Bode, Elke, Sozialtherapeutin

Dr. phil. Braeuker, Savitri, Psychotherapeutin

Prof. Dr. Bruder, Klaus-Jürgen, Psychoanalytiker

Dr. Bruder-Bezzel, Almuth, Psychotherapeutin

Bücker, Heinrich, Coop-Antikriegscafe Berlin

Dipl.-Ing. Bunckenburg, Stefan, Rentner

M.A. Diehl, Wiebke, Journalistin und wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bundestag

Günter, Jürgen, Berlin

Dr. Eibl, Elfie-Marita, Historikerin

Dr. Eismann, Jörg, Politologe

Ersil, Annette, Politologin

Girle, Albrecht, z.Zt. Montevideo/Uruguay

Göldner, Kerstin, Malerin

Dr. Dipl.-Psych. Hermsen, Hans, Psychologe

Dr. Kehrmann, Detlef R., Professor der Philosoph/Soziologe BUAP Puebla, Mexiko

Kellerbauer, Barbara, Sängerin, Musikdozentin

Privat.-Doz. Dr. med. Köpp, Werner, Psychoanalytiker

Prof. Dr. sc. Kubiczek, Wolfgang, Politologe, Internationale Beziehungen

Dipl.-Psych. Leuterer, Bernd, Psychologe

Lohan, Borgis, Soziologin, ehemalige Bibliothekarin des GI in Santiago/Chile, Santiago de Chile

Mertschenk, Gerhard, Dolmetscher/Übersetzer

Molitor, Günther

Dr. Muhr, Thomas, Politologe in Deutschland und in Portugal/Lissabon

Dr. Neu, Alexander S., MdB Die Linke

Neumann, Horst, Berlin, Diplomat, Botschafter a. D.

Neumann, Thomas, Fotografiker

Olhagaray, César, Wandmaler und Performancekünstler in Deutschland/Dresden und in Chile/Santiago

Pfeiffer, Otto, Diplomat, Botschafter a. D.

Pinkert, Holm, Architekt

Pinkert, Ines, Graphikdesignerin

Pinkert, Ulrich, Businesscoach

Pinkert, Tilo, Innenarchitekt und Designer

Prof. Dr. Porsch, Peter, Professor

Rump, Bernd, Dichter und Komponist

Rupp, Rainer, Autor

Dr. Schmidt, Klaus, Politologe

Prof. Dr. sc. oec. et Dr. phil. Schreiber, Winfried, Oberst a. D.

Schwarz, Regina, Diplom-Sozialarbeiterin

Sgonina, Alexander, Bildhauer

Stelzmann, Uli, Filmemacher

Dr. phil. habil. Thiel, Rainer

Prof. Dr. Voßkühler, Friedrich, Oberstudienrat im Ruhestand und entpflichteter außerplanmäßiger Professor der Philosophie an der TU Darmstadt

Wahl, Achim, Autor, Lateinamerikanist

Warweg, Florian, Koordinator des Arbeitskreises Lateinamerika beim Parteivorstand der DIE LINKE

Dipl.-Ök. Weber, Arnold, Ökonom

Weber, Ingrid, Industriekauffrau

Weber, Ina, Krankenschwester

Zanello de Aguiar, Guacira, Altenpflegerin in Deutschland/Berlin und Uruguay/Montevideo

Dr. Zurita Ochoa, Felix Aurelio, Soziologe und Anthropologe, Deutschland/Berlin, Mexiko

Zimmering, Esther, Dokumentarfilmregisseurin

Zimmering, David, Schauspieler

Dipl. Zimmering, Karl, Filmwissenschaftler

Dr. med. Zimmering, Klaus Ronald, Arzt

Prof. Dr. Zimmering, Raina, Historikerin, Politologin und Soziologin

Dr. Zimmering, René, Chemiker

 

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